Zitate zur Wissenschaft

Welsch: Gemeinsame Abstammung

Zu Gemeinsame Abstammung

»Wie direkt die Stammesgeschichte uns innewohnt, kann man beispielsweise an der Entwicklung der menschlichen Embryonen ablesen. Zwischen dem 23. und 26. Tag entsteht ein Blutkreislauf mit einfachem Herzen, Kiemenbogenarterien und Kardinalvenen - als wolle sich ein Fisch entwickeln. Um den 24. Tag beginnt der »Fisch« zum »Lungenfisch« zu werden: es bildet sich eine Lungenknospe. Um den 34. Tag gliedern sich die »Brustflossen« in Ober- und Unterarm und formen eine Handfläche, die »Bauchflossen« werden entsprechend zum mehrgliedrigen Bein - augenscheinlich schickt sich ein Amphib an, zum vierfüßigen Landtier zu werden. Um den 42. Tag ist die Lunge in zwei Flügel aufgegliedert, die Kiementaschen verschwinden, der Embryo hat nun einen deutlich abgesetzten Schwanz, seine Hände und Füße sind einwärts gerichtet, während die Ellbogen und Knie nach außen gekehrt sind - wie dies bei Molchen, Salamandern und Reptilien der Fall ist. Um den 45. Tag zeigen Augenlider, dass ein Landwirbeltier im Entstehen begriffen ist - der Embryo könnte sich zu einem Krokodil oder Säuger entwickeln. Um den 60. Tag sehen wir dann auch äußerlich ein künftiges säugerähnliches Reptil: Die Extremitäten werden gedreht, die Ellbogen weisen nach hinten, die Knie nach vorn. Der menschliche Embryo durchläuft also in seiner Entwicklung den Weg von den Fischen über die Amphibien und die Reptilien zu den Säugern - mithin genau den evolutionären Weg, der einst zu uns Menschen geführt hat.« 

Welsch 2012. S. 85f

Planck: Wissenschaftliches Denken

„Denn das wissenschaftliche Denken verlangt nun einmal nach Kausalität, insofern ist wissenschaftliches Denken gleichbedeutend mit kausalem Denken, und das letzte Ziel einer jeden Wissenschaft besteht in der vollständigen Durchführung der kausalen Betrachtungsweise.“

Planck 1991, S. 110.

Merö: Logik erlaubt keine Ausnahme

„Wenn es in einem logischen System der Logik nur einen einzigen Widerspruch gibt, dann lässt sich in diesem System jede Aussage beweisen. Wenn wir also eine einzige beweisbare Aussage finden, deren Gegenteil auch beweisbar ist, können wir 2x2=4 ebenso beweisen wie 2x2=5 oder 2x2=6. Kurz: Ein System der Logik kann nicht nur ein wenig widersprüchlich sein.“

Merö 2002, S. 49.

Dennett: bottom-up statt top-down

"Darwin hat mit seiner Feststellung, daß eine Bottom-up-Theorie der Kreativität möglich ist, für eine einschneidende Begründungsumkehrung gesorgt. ... Dadurch wird eine Vorstellung umgekrempelt, die meiner Ansicht nach so alt ist wie unsere Gattung und die man als Top-down-Theorie der Kreativität bezeichnen könnte: daß etwas Großartiges nötig ist, um etwas weniger Großartiges zu schaffen. Der Töpfer macht Töpfe, man sieht nie einen Topf, der einen Töpfer, oder ein Hufeisen, das einen Schmied macht."

Daniel Dennett in Blackmore 2012, S. 120.

Küppers: Bohrs Fehlglaube über Reduzierbarkeit von Leben

"Noch bis in die dreißiger Jahre des vergangenen Jahrhunderts waren die Selbsterhaltung und Selbstreproduktion des Organismus für die Physiker so rätselhaft, dass Niels Bohr, der Mitbegründer der modernen Atomphysik, ernsthaft davon sprach, der lebende Organismus würde wohl einer Eigengesetzlichkeit genügen, die nicht mehr auf die Physik zu reduzieren sei. Erst die epochale Entdeckung des molekularen Mechanismus der Vererbung durch James Watson und Francis Crick bracht in dieser Frage schließlich den entscheidenden Durchbruch. Nun wurde mit einem Schlag klar, dass die Selbsterhaltung und die Selbstreproduktivität des lebenden Organismus eine unmittelbare Konsequenz der chemischen Eigenschaften des Erbmaterials sind."

Küppers 2012, S. 64.

Gabriel: Postmoderne

"Die Postmoderne hat dagegen eingewandt, dass es nur die Dinge gibt, wie sie uns erscheinen. Es gebe überhaupt nichts mehr dahinter, keine Welt oder Wirklichkeit an sich. Manche etwas weniger radikale Vertreter der Postmoderne wie der amerikanische Philosoph Richard Rorty meinten, es möge zwar noch etwas hinter der Welt geben, wie sie uns erscheint. Doch dies spiele eben für uns Menschen keine Rolle.

Die Postmoderne ist allerdings nur eine weitere Variante der Metaphysik. Genau genommen handelte es sich bei ihr um eine sehr allgemeine Form des Konstruktivismus. Der Konstruktivismus basiert auf der Annahme, dass es überhaupt keine Fakten, keine Tatsachen an sich gibt, dass wir vielmehr alle Tatsachen nur durch unsere vielfältigen Diskurse oder wissenschaftlichen Methoden konstruieren. Wichtigster Gewährsmann dieser Tradition ist Immanuel Kant. Kant hat behauptet, dass wir die Welt, wie sie an sich ist, nicht erkennen können. Egal was wir erkennen, es sei immer auch irgendwie von Menschen gemacht." S. 11.

"Der Neue Realismus geht vielmehr davon aus, dass wir die Welt so erkennen, wie sie an sich ist." S. 13.

Gabriel 2013.

Fine: Irrationales Beharren auf Irrglauben

"Ein weiteres Problem in Bezug auf unsere Vorstellungen (und dies ist Thema des nächsten Kapitels) ist die irrationale Beharrlichkeit, mit der wir auf ihnen beharren. Selbst der größte Irrglaube genießt in unverdientem Maße unseren Schutz vor Ablehnung und Widerlegung. Unsere Neigung, Belege für jede Hypothese zu suchen, der wir zufällig gerade anhängen, unsere Schwäche, passende Beweise einfach zu erfinden, und unser starrsinniges Festhalten an unserem Glauben machen deutlich, wie leicht unsere unsoliden wissenschaftlichen Strategien negative Folgen haben können."

Fine 2013, S. 84.

Bunge: Denkbarkeit

"Die bloße Möglichkeit bzw. Denkbarkeit, dass etwas auch anders sein könnte, ist kein Grund, diese Alternativen ernst zu nehmen. So ist auch die Existenz von Zentauren logisch möglich, aber wir werden unsere Zeit nicht damit verschwenden, uns ohne gute Gründe mit dieser Denkmöglichkeit näher zu beschäftigen."

Bunge 2004, S. 9.

Hirschhausen: Skeptisch sein bedeutet Anstrengung

"Skeptisch sein bedeutet Anstrengung - das Hirn muss sich selbst hemmen, um nicht wild draufloszuassoziieren.

Die Frage ist also nicht, warum Menschen an Übersinnliches glauben. Sondern eher, warum manche den Prozess willentlich unterdrücken können. "Erworbene Rationalisierungskompetenz" nennen Psychologen diese Fähigkeit. Sie erklärt auch, warum wir in Zuständen verminderter geistiger Zurechnungsfähigkeit der Welt da draußen mehr Geist zurechnen. Ob man nun verliebt ist, berauscht, dement oder erst sehr kurz auf der Welt - vieles erscheint einem dann wie ein Wunder."

Eckart von Hirschhausen in der Zeitschrift Gehirn und Geist 3/2014, S. 15.

Kanitscheider: Kantianismus als Antagonismus zum Naturalismus

"Die Fusion von Naturalismus und der Idee der Evolution wurde schon vor 80 Jahren vollzogen, als Roy Sellars einen Entwurf vorlegte, der bedauerlicherweise nicht in dem Maße beachtet worden ist, wie er es verdient hätte. Sellars sieht im Platonismus, aber auch im Kantianismus, die Antagonisten einer rein natürlichen Weltverfassung. Platons Deutung der Erscheinungswelt als defiziente Ausprägung einer Ideenwelt, genauso wie Kants transzendentale Wendung zum phänomenalen Idealismus, steht in Konflikt mit der Objektivität der materiellen Natur. Speziell Kants Verlassen des objektiven Realismus und seine Eröffnung eines eigenen noumenalen Reiches zur Rettung der menschlichen Freiheit gegenüber einer Welt mit durchgehender Naturkausalität brachten eine deutliche antinaturalistische Wende mit sich. Erst durch Darwins Einbettung des Menschen und seiner Erkenntnisfähigkeit in den Kontext der Naturgeschichte ließ sich der Weg zu einer vollständigen Naturalisierung des Erkenntnis- und Handlungsaspektes des Menschen erreichen. "Nature is a world in which knowing occurs, just as surely as it is a world in which coal burns and dynamite explodes." Wenn man also weder auf platonische noch auf kantische Weise die Erkenntnistätigkeit des Menschen von der Welt abspaltet und auf eine präternaturale Ebene schiebt, sondern den Menschen als Entwicklungsprodukt einer besonderen Tierart betrachtet, dann befindet man sich auf dem Wege zu einer einheitlichen evolutionären naturalistischen Weltkonzeption."

Kanitscheider 2007, S. 69f.

Popper: Falsfikation statt Verifikation

"Die traditionelle Frage war und ist noch immer: "Welches sind die besten Quellen unserer Erkenntnis, die verläßlichsten Quellen - Quellen, die uns nicht in die Irre führen werden und an die wir, wenn wir im Zweifel sind, als eine letzte Instanz appellieren können?" Ich schlage vor, davon auszugehen, daß es solche idealen und unfehlbaren Quellen der Erkenntnis ebensowenig gibt wie ideale und unfehlbare Herrscher, und daß alle "Quellen" unserer Erkenntnis und manchmal irreleiten. Und ich schlage vor, die Frage nach den Quellen unserer Erkenntnis durch eine ganz andere Frage zu ersetzen: "Gibt es einen Weg, Irrtümer aufzudecken und auszuschalten?"

Popper 2012, S. 32f.