Zitate zur Philosophie

Kornhuber: Anfänge des Willens

"Die Anfänge des Willens liegen vor der Kultur, vermutlich im sozialen Jagen (Campbell 1970), bei dem jedes Inidivduum von der Zuverlässigkeit der andern abhängt, das also die Auslese von Selbstdisziplin fördert, einer Eigenschaft, die Affen nicht im gleichen Maß wie Menschen haben. Aber die beginnende Kultur, mit Hilfe der Sprache, hat die Entwicklung offenbar vorangetrieben. Kultur und Wille haben sich gegenseitig angeregt und geprägt, denn Kultur ist disziplinierte Zusammenarbeit, beruht also unter anderem auf Willen. Max Weber schrieb: Kultur beruht auf Wertentscheidungen; wir sind Kulturmenschen, weil wir mit Willen begabt sind, der Welt einen Sinn zu geben."

Kornhuber 2009, S. 11.

Kuhl: Indeterminismustäuschung

"Da das bewusste Ich seine eigenen Beschränkungen nicht kennt, ist zu erwarten, dass es seine Möglichkeiten überschätzt und den Beitrag des Selbst zu "seinen" Einsichten und Entscheidungen unterschätzt ... Daraus kann sich durchaus auch eine Indeterminismustäuschung ergeben, die darin besteht, dass das Ich alles Verhalten, das nicht von ihm selbst veranlasst ist, für "indeterminiert" hält. In diesem Falle gäbe es sogar einen psychofunktionalen Grund für die Attraktivität der philosophischen These, dass Willensfreiheit mit Freiheit von der kausalen Verursachung des Verhalten gleichzusetzen sei.

Julius Kuhl in Lampe 2008, S. 106f.

Lenzen: Zombie-Problem als zentrales Problem

Nach Meinung mancher prominenter Philosophen ist die Frage der Möglichkeit von Zombies ein oder gar das zentrale Problem der gegenwärtigen Philosophie des Geistes. Dahinter steckt folgende Überlegung. Wenn "physiologische Zombies" möglich sind, wenn also alle Vorgänge im menschlichen Körper und insbesondere alle Prozesse im menschlichen Gehirn auch ohne Bewußtsein bzw. ohne Erleben und Empfinden ablaufen können, dann entzieht sich das Phänomen des Bewußtseins jeder wissenschaftlichen Erklärung. Denn die gegenwärtige und künftige Naturwissenschaft kann immer nur das Funktionieren des Körpers, speziell des zentralen Nervensystems und des Gehirns, erforschen. Wenn die objektiven Gehirnzustände aber – wie vorausgesetzt bzw. angenommen wird – nicht zwangsläufig bewußte mentale Zustände nach sich ziehen, dann bleiben Geist, Bewußtsein bzw. subjektives Erleben wissenschaftlich unerklärlich und unbegreiflich.

Lenzen 1998, S. 1. Abgerufenes pdf vom 2.2.2014; in leicht abgewandelter Formulierung auch in  Lenzen in Spät 2008, S. 134.

Mc Dowell: Kants Idealismus

"Ich denke, man muß zugeben, daß der transzendentale Rahmen Kants Philosophie idealistisch macht und zwar in der von mir angesprochenen Weise. Das steht in völligem Gegensatz zu Kants Absichten. Obwohl er das heftig bestreitet, so führt doch seine Philosophie zu einer Geringschätzung der Unabhängigkeit der Realität, zu der wir durch die Sinne Zugang haben. Was dafür verantwortlich ist, ist genau jene Seite der Kantischen Philosophie, die einigen seiner Nachfolger als Verrat am Idealismus vorkam: die Tatsache, daß er die Realität außerhalb der Sphäre des Begrifflichen ansiedelt. Diese Nachfolger machten geltend, daß wir das Übersinnliche aufgeben müssen, um einen konsistenten Idealismus zu erhalten. Und in der Tat rettet dieser Schritt Kants Einsicht, so daß er den im Common Sense zu findenden Respekt vor der Unabhängigkeit der gewöhnlichen Welt bewahren kann.

Meillassoux: Humes Problem

Quentin Meillassoux über Humes Problem:

"Worin besteht dieses Problem? Klassisch formuliert, lautet es so: Ist es möglich zu beweisen, dass die gleichen Ursachen auch in Zukunft die gleichen Wirkungen ceteris paribus, d.h. wenn sonst alle Dinge gleichbleiben, nach sich ziehen? Anders gesagt: Kann man nachweisen, dass unter gleichen Umständen die zukünftigen phänomenalen Folgen mit den gegenwärtigen identisch sein werden? Die Frage, die Hume stellt, betrifft daher unsere Fähigkeit zu beweisen, dass die physikalischen Gesetze in Zukunft diejenigen bleiben, die sie heute sind, oder, noch anders gesagt, unsere Fähigkeit, die Notwendigkeit der kausalen Verknüpfung zu beweisen." S. 116.

"1. Eine metaphysische Antwort auf die Frage Humes würde darin bestehen, die Existenz eines absoluten Prinzips zu beweisen, das unsere Welt regiert." S. 119.

"2. Die skeptische Lösung ist jene, mit der Hume seine eigene Frage beantwortet." S. 119.

"3. Der dritte Typ Antwort schließlich ist die transzendentale Antwort Kants, genauer, die objektive Deduktion der Kategorien, dargelegt in der Analytik der Begriffe in der Kritik der reinen Vernunft. … Kant sagt nicht, dass es absolut unmöglich ist, dass in Zukunft die Kausalität aufhört, die Welt zu regieren: Aber er sagt, dass es unmöglich ist, dass solch ein Ereignis sich manifestiert - und dies, weil nichts mehr Konsistenz besitzen würde, wenn die Kausalität aufhörte, die Welt zu regieren und daher nichts mehr vorstellbar wäre. … Die kausale Notwendigkeit ist demnach eine notwendige Bedingung für die Existenz des Bewusstseins und der Welt, die es erfährt. Anders gesagt: Es ist nicht unbedingt notwendig, dass die Kausalität alle Dinge bestimmt, aber wenn das Bewusstsein existiert, kann das nur sein, weil die Kausalität die Phänomene notwendigerweise bestimmt." S. 121f.

„Der Necessitäts-Schluss, der solch eine Argumentation trägt, lässt sich folgendermaßen formulieren: 

1. Wenn sich die Gesetze tatsächlich ohne Grund ändern könnten - wenn die Gesetze also nicht notwendig wären - würden sie sich grundlos regelmäßig ändern. 

2. Nun ändern sich die Gesetze nicht regelmäßig ohne Grund.

3. Folglich können sich die Gesetze ohne Grund nicht ändern: Anders gesgat, die Gesetze sind notwendig.“ S. 128.

„Wenn sich die Gesetze tatsächlich ohne Grund ändern könnten, wäre es außerordentlich unwahrscheinlich, dass sie sich nicht häufig - wenn nicht gar rasend schnell - änderten. Und dies in einem solchen Ausmaß, dass man - hier gehen wir von Hume zu Kant über - nicht nur sagen müsste, dass wir es schon gewusst hätten, sondern, dass wir niemals dagewesen wären, um es zu wissen - sosehr hätte das Chaos die Ordnung und die minimale Kontinuität, die von der Korrelation eines Bewusstseins und einer Welt erfordert wird, verunmöglicht. Die Notwendigkeit ist also zweifach bewiesen: einerseits durch die unvorstellbar unwahrscheinliche Tatsache der Stabilität, welche die Beständigkeit der Naturgesetze ist; andererseits durch die subjektive Rückseite dieser Beständigkeit, die das zur Wissenschaft befähigte Bewusstsein darstellt.“ S. 133.

Meillassoux 2008, div. Seiten

Meillassoux: Idealismus ist Nonsens...

"Warum ist diese Interpretation der Anzestralität offensichtlich unhaltbar? Nun ja, um dies zu verstehen, reicht es aus, dem Korrelationisten die Frage zu stellen: Was ist denn vor 4.56 Milliarden Jahren geschehen? Hat die Akkreszenz der Erde stattgefunden, ja oder nein?

In einem bestimmten Sinn ja, wird er antworten, da die wissenschaftlichen Aussagen, die ein solches Ereignis anzeigen, objektiv sind, d.h. in intersubjektiver Weise verifiziert werden. Nein aber, wird er hinzufügen, in einem anderen Sinn, weil der Referent dieser Aussagen nicht in der Weise, wie er hier naiv beschrieben wird, existiert haben kann - d.h. einem Bewusstsein nicht-korrelierend. Dann aber stoßen wir auf eine recht merkwürdige Aussage: Die anzestrale Aussage ist, insofern sie objektiv ist, eine wahre Aussage, deren Referent aber unmöglich so existiert haben kann, wie diese Wahrheit ihn beschreibt. Es ist eine wahre Aussage, die jedoch ein unmögliches Ereignis als wirklich beschreibt, eine "objektive" Aussage ohne denkbaren Gegenstand. Kurz, um es einfacher auszudrücken: Das ist Nonsens. 

Meillassoux 2008, S. 32.

Meillassoux: Wie konnte es so weit kommen...

"Was ist geschehen, dass es so weit kommen konnte? Was ist seit Kant in der Philosophie geschehen, dass die Philosophen - und wie es scheint sie allein - unfähig geworden sind, die kopernikanische Revolution der Wissenschaft als eine wahre kopernikanische Revolution zu verstehen? ... Warum ist die Philosophie, um die Wissenschaft zu denken, einem solchen transzendentalen Idealismus verfallen, anstatt sich, wie es nötig gewesen wäre, entschlossen an einem spekulativen Materialismus zu orientieren?"

Meillassoux 2008, S. 162.

Metzinger: Selbstmodell als Vorteil in der Evolution

"Unter den Organismen dieses Planeten hat über Millionen von Jahren ein ständiger, gnadenloser und grausamer Wettbewerb geherrscht, bei dem die Entwicklung von Dingen wie Gedächtnis, Denken oder bessere Wahrnehmung ebenso wichtig war wie bessere Beine, Lebern oder Herzen. Ich betrachte das menschliche Selbstmodell gern als neurocomputationale Waffe, als eine bestimmte Datenstruktur, die das Gehirn von Zeit zu Zeit aktivieren kann, etwa wenn man morgens beim Aufwachen seine sensorische Wahrnehmung und sein motorisches Verhalten aufeinander abstimmen muß. Die Ego-Maschine schaltet einfach ihr phänomenales Selbst ein, und das ist der Moment, in dem man zu sich kommt."

Thomas Metzinger in Blackmore 2012, S. 215.

Nagel: Über Geist und Bewusstsein

"Solange das Mentale nicht auf das Physikalische zurückführbar ist, bleibt das Auftreten bewusster physischer Organismen durch eine naturalistische Darstellung des bekannten Typs unerklärt. Nach einem rein materialistischen Verständnis der Biologie hätte man das Bewusstsein als eine ungeheure und unerklärliche, ausscherende rohe Tatsache über die Welt zu betrachten." S. 70

Dem widerspricht bereits eine Stelle auf der darauffolgenden Seite:

"Das Auftreten tierischen Bewusstseins ist offenkundig das Ergebnis der biologischen Evolution, aber diese gutgestützte empirische Tatsache ist noch keine Erklärung - das Faktum erlaubt uns nicht schon zu sehen, warum das Ergebnis erwartbar war oder wie es zustande kam." S. 71.

Nagel 2013, diverse Seiten.

Newen: quantenmechanischer Dualismus nach Eccles

"Dann aber stellt sich die Frage: Wie kann ein rein geistiges Phänomen körperliche Bewegungen, die für das Briefeschreiben erforderlich sind, verursachen? Hier spekulierte Eccles, dass der reine Geist quantenmechanische Prozesse im Gehirn beeinflussen kann, so dass dann die notwendigen Hirnaktivierungen in Gang gesetzt werden können. Der rein geistige Wille steuere über die Beeinflussung sogenannter Wahrscheinlichkeitsfelder die Transmitterausschüttung an Synapsen, insbesondere im supplementär-motorischen Areal, und darüber indirekt unsere Handlungen...

Diese Überlegungen sind aber nicht mehr als Spekulationen geblieben, denn es gibt kein Prinzip, das es ermöglicht, eine Wirkung von rein geistigen Prozessen irgendwie näher zu bestimmen, warum sie so und nicht anders wirken bzw. wie sie überhaupt quantenmechanische Wirkungen erzeugen könnten. Da ist es viel überzeugender anzunehmen, dass auch ein Wille schon neuronal in einem Menschen realisiert ist und nur so kausal wirksam werden kann."

Newen 2013, S. 18f.

Nida-Rümelin: Gewissheit über künftige Entscheidungen

"Subjektive Gewissheit bezüglich eigener zukünftiger Entscheidungen ist begrifflich ausgeschlossen. Das Ergebnis der Abwägung muss offen sein, damit überhaupt eine Entscheidung getroffen werden kann. Diese Feststellung ist logisch wahr."

Nida-Rümelin 2005, S. 51.

Nida-Rümelin: Lebensgeschichten

"Die traurigen Lebensgeschichten, die in Strafprozessen zur Entschuldigung des Angeklagten angeführt werden, sind nur dann relevant, wenn dieser Angeklagte aufgrund der damit einhergehenden psychischen Störungen nicht mehr voll zurechnungsfähig ist, wenn er nicht mehr imstande war, Gründe gegeneinander abzuwägen und sein Handeln daran auszurichten."

Nida-Rümelin 2005, S. 32.

Nietzsche: Nichtigkeit des Menschen

"In irgendeinem abgelegenen Winkel des in zahllosen Sonnensystemen flimmernd ausgegossenen Weltalls gab es einmal ein Gestirn, auf dem kluge Tiere das Erkennen erfanden. Es war die hochmütigste und verlogenste Minute der "Weltgeschichte"; aber doch nur eine Minute. Nach wenigen Atemzügen der Natur erstarrte das Gestirn, und die klugen Tiere mussten sterben. - So könnte jemand eine Fabel erfinden und würde doch nicht genügend illustriert haben, wie kläglich, wie schattenhaft und flüchtig, wie zwecklos und beliebig sich der menschliche Intellekt innerhalb der Natur ausnimmt. Es gab Ewigkeiten, in denen er nicht war; wenn es wieder mit ihm vorbei ist, wird sich nichts begeben haben."

Friedrich Nietzsche, zit. in Schmidt-Salomon 2014, S. 19.

Noë: alles Leben hat Geist und Bewusstsein

"Wenn uns das gelingt - und nun kommen wir zu meiner entscheidenden Behauptung -, gestehen wir dem Organismus gleichzeitig einen (zumindest) primitiven Geist zu. Die Frage nach dem Geist ist die Frage nach dem Leben. Die Biologie rückt das Lebewesen ins Blickfeld, doch überall dort, wo sich Leben entdecken lässt, können wir auch einen Geist ausmachen.

Meine Argumentation ist einfach. Wir können nicht beide Ansätze verfolgen. Wir können nicht sowohl die Existenz eines Organismus anerkennen und ihn gleichzeitig lediglich als Ort betrachten, an dem Prozesse oder physikalisch-chemische Mechanismen ablaufen. Und sobald wir den Organismus als Einheit betrachten, als mehr als einen reinen Prozess, erkennen wir ihn damit schon als Träger primitiver Handlungskompetenz, als Träger von Interessen, Bedürfnissen und Sichtweisen an. Das heißt, wir gestehen ihm ein zumindest rudimentäres Bewusstsein zu.

Die Frage nach dem Bewusstsein ist demnach die Frage nach dem Leben. Nun müssen wir verstehen, wie Leben in der Natur entsteht."

Noë 2010, S. 58f.

Noë: Bakterien haben Interessen

"Die Bakterie bewegt sich nicht nur deshalb durch ihr Umfeld, weil die Anwesenheit von Zucker einen bakterienförmigen Atomhaufen dazu bringt, sich in Richtung der größten Zuckerkonzentration zu begeben. Das Zusammenspiel zwischen Bakterie und Umfeld funktioniert anders. Die Bakterie braucht Zucker zum Leben, hat sich an ihre Umgebung angepasst, und deshalb wird sie von der Zuckerkonzentration angezogen. Die Bakterie ist nicht nur ein Prozess, sondern ein Handlungsträger, wenn auch ein sehr einfacher. Sie hat Interessen: Sie will und braucht Zucker. Natürlich ist die Bazille nicht schlau; davon ist sie weit entfernt. Sie versteht ihre eigenen Beweggründe nicht, von einem Verstand kann keine Rede sein, und auch den Ausdruck ihrer Bedürfnisse vermag sie kaum zu kontrollieren. Aber das sind technische Feinheiten. Fakt ist, dass die Biologie sich der Bakterie als einem Organismus, einem Lebewesen nur nähern kann, wenn sie die Bakterie als eigenständigen, von Interessen und Bedürfnissen geleiteten Handlungsträger anerkennt. Die Bakterie ist ein Subjekt in einer Umgebung, ein Organismus in einer Welt. Entscheidend ist, dass dieses Wesen eine Welt hat, das heißt, dass es zu seiner Umgebung in einer Beziehung steht."

Noë 2010, S. 57.

Noë: Bewusstsein entsteht nicht im Gehirn

"Im Folgenden versuche ich aufzuzeigen, dass das Gehirn nicht der Ort in unserem Inneren ist, an dem sich das Bewusstsein ereignet, denn es ereignet sich nicht in unserem Inneren. Es geht nicht in unserem Inneren vor sich, sondern ist etwas, das wir aktiv durch unsere dynamische Interaktion mit unserer Umwelt entstehen lassen."

Noë 2012, S. 40.

"Das Bewusstsein entsteht nicht in unserem Gehirn, und der Körper ist kein komplexer Behälter für ein ansonsten eigenständiges Gehirn. Oder - mit Merleau-Ponty gesprochen - unser Körper gehört uns, er ist der Ort, an dem wir fühlen und durch den wir handeln, insofern als "der Strom seines auf die Welt gerichteten Tuns [ihn] durchfließt"."

Noë 2010, S. 96.

Noë: Bewusstsein ist kein Phänomen des Hirns

"Cricks Vorstellung, dass wir unser Gehirn sind - oder einfacher ausgedrückt, dass das Bewusstsein ein Phänomen des Gehirns ist, so wie die Verdauung ein Phänomen des Magens ist -, wirkt so abstrus wie die Vorstellung von einem Orchester, das von allein spielt."

Noë: Bewusstsein ist Leben

Es scheint fast unglaublich, aber Alva Noë meint die Gleichsetzung von Bewusstsein und Leben wirklich ernst, was zu folgenden absurden Sätzen führt:

"Diese Verbindung zwischen Leben und Bewusstsein ist entscheidend. Ob ein Wachkomapatient ein Erleben hat, ist unter anderem deshalb so schwer einzuschätzen, weil sein Leben gänzlich unterbrochen wurde; gewissermaßen steht für uns sein Leben selbst infrage. Anders verhält es sich, wenn wir uns fragen, ob beispielsweise ein Hummer unsere Berührung spürt. Das Leben eines Hummers können wir anzweifeln, aber nicht, weil es unterbrochen wurde, sondern weil es uns so fremd ist."

Noë 2010, S. 64.

"The link between life and consciousness is critical. Part of what makes it so hard to jduge whether a person in a persistent vegetative state has experience is that her life has been utterly disrupted; in a way, her life itself is called into question for us. Matters are different when we aksi if, say, a lobster feels our touch. The lobster's life is questionable for us, not because it is disturbed, but because it is so alien. In neither case, thoug, is our problem that we cannot pull back the curtain and look inside. The organism's life is not inside."

Noë 2009, S. 46.

Noë: Der Geist der Bakterie ist ihr Leben

"In diesem Buch argumentiere ich dafür, dass wir das Bewusstsein nicht als einen Vorgang in unserem Inneren sehen sollten. Der Geist einer Bakterie besteht nicht darin, wie es in ihrem Inneren aussieht. Er ist vielmehr Teil dessen, wie die Bakterie aktiv in ihre Umgebung eingreift und darauf reagiert. Es gibt zwar innere Korrelate des Bewusstseins: Nur Lebewesen mit einem entsprechenden Gehirn können bestimmte Erlebnisse haben, und zweifelsohne haben Bewusstseinsvorgänge neuronale Entsprechungen. Es gibt jedoch auch äußere Korrelate des Bewusstseins. Bewusste Wesen haben Welten, und zwar in dem Sinne, dass sich ihnen die Welt als etwas Wertgeladenes zeigt: Zucker! Licht! Sex! Verwandte! Der Geist einer Bakterie, soweit vorhanden, zeigt sich in der Art, wie sie auf ihre Umgebung reagiert und darin eingreift. Der Geist der Bakterie ist ihr Leben."

Noë 2012, S. 59.

Noë: Gehirn allein genügt nicht

"Das Bewusstsein entsteht nicht in unserem Gehirn, und der Körper ist kein komplexer Behälter für ein ansonsten eigenständiges Gehirn." S. 96.

"So, wie mein gewohnter Arbeitsweg teilweise von der Landschaft beeinflusst wird, in der ich mich befinde, so werden unsere Gewohnheiten ganz allgemein durch die Beschaffenheit der Welt ermöglicht (auch wenn wir natürlich wiederum die Welt durch unsere Handlungen formen). Die Vorstellung, dass das Gehirn allein die Beschaffenheit unseres bewussten Lebens erklären kann, erscheint somit immer dürftiger und abwegiger." S. 151.

"Das Bewusstsein findet nicht in unserem Gehirn statt, es ist kein Produkt des Gehirns. Es gibt mit Sicherheit keine soliden, empirischen Beweise für die Vorstellung, dass das Gehirn allein ausreichend für Bewusstsein ist." S. 195.

Noë 2010.

Noë: Strafe für Tiere

„Im Europa des Mittelalters geschah es nicht selten, dass Haustiere wie beispielsweise Schweine und Esel wegen Mordes oder Ehebruchs vor Gericht standen. Bei einem urkundlich belegten Fall wurde eine Sau für schuldig befunden, den Sohn des Schweinehirten zu Tode getrampelt zu haben…. Einigen Schweinen wurde nachgewiesen, während des mit der Tat einhergehenden Tumultes gequiekt zu haben. Sie erhielten wegen Beihilfe ähnliche Strafen.“
Noë 2010, S. 52.

Onfray: Ding an sich als antimaterialistisches Kriegsgerät

""Der Begriff eines Noumenons [eines Dings an sich] ist also bloß ein Grenzbegriff, um die Anmaßung der Sinnlichkeit einzuschränkgen" (ebd.). In gewisser Wesie ist das Noumenon die Polizei der kritischen Vernunft, da es deren Tun in den von Kant gesteckten Grenzen hält. Für den preußischen Lutheraner Kant musste die kritische Vernunft zwar frei sein, aber sie musste die Freiheit, die Unsterblichkeit der Seele und Gott aussparen, die nämlich Postulate der reinen Vernunft sind und ohne die eine christliche Welt unmöglich ist. Das Noumenon ist also ein antimaterialistisches Kriegsgerät."

Onfray 2011, S. 272.

Pauen: Ladendiebstahl (können)

Eine Person will einen Ladendiebstahl begehen.

"Wenn mir also die lückenlose Überwachung durch Ladendetektive gar keine Möglichkeit lässt, in einem Lebensmittelladen zu stehlen, statt die Waren zu bezahlen, dann ist es keine selbstbestimmte Handlung, wenn ich die Waren bezahle, statt sie zu stehlen: Ich könnte die Waren ja gar nicht stehlen. Anders ausgedrückt: Wenn ich die Waren unter diesen Bedingungen bezahle, anstatt sie zu stehlen, ist dies nicht auf mich, sondern auf die Bedingungen zurückzuführen, die den Diebstahl ausschließen. Wenn es aber umgekehrt auf mich zurückzuführen ist, dass ich die Waren bezahle, statt sie zu stehlen, dann kann dies eben nicht durch äußere Bedingungen festgelegt sein. Ich muss also die Waren auch stehlen können, selbst wenn ich sie faktisch bezahle."

Michael Pauen in Lampe 2008, S. 55f.

Pauen: Scheinargumente gegen den Naturalismus

"Das ist insofern wichtig, als es auch heute noch sehr starke Vorbehalte nicht nur gegenüber der Annahme gibt, dass Bewusstsein ein physischer Prozess ist, sondern mehr noch gegenüber der Vorstellung, Bewusstsein könne mit den üblichen Mitteln naturwissenschaftlicher Theorien erklärt werden. Viele Autoren bestreiten die Möglichkeit solcher Erklärungen auch für den Fall, dass geistige Prozesse faktisch neuronale Prozesse sind. Hierbei werden zum einen allgemeine methodische Argumente bemüht, zum anderen spielen aber auch Intuitionen eine wesentliche Rolle." S. 391f.

"Konkret hat diese Verschiebung zur Folge, dass die prinzipielle Unzulänglichkeit naturalistischer Ansätze nicht mehr auf der ontologischen, sondern nur noch auf der epistemischen Ebene gesucht wird. Der Naturalismus scheitert dieser Auffassung zufolge also nicht daran, dass geistige Prozesse keine physischen Prozesse sind, sondern daran, dass sie nicht mit Hilfe der üblichen Theorien über physische Prozesse, insbesondere derjenigen der Neurobiologie erklärt werden können. Bewusstsein, so scheint es, stellt aus der Sicht naturalistischer Theorien ein prinzipielles Rätsel dar.  S. 397

"Die Vertreter des Erklärungslückenargumentes behaupten nun, dass phänomenale Eigenschaften prinzipiell nicht in den notwendigen funktionalen Beschreibungen zu erfassen seien.  ... Auch beliebig große Fortschritte der Neurobiologie, so scheint es, können uns keine Erklärung für die spezifische Qualität bewusster Erfahrungen liefern." S. 400

"Abgesehen davon gibt es noch zwei weitere Einwände gegen die dem Erklärungslückenargument zugrunde liegende Annahme, phänomenale Eigenschaften seien in ihrem Kern nicht funktional analysierbar Erstens ist diese Annahme in vielen Fällen faktisch falsch, zweitens würde sie zu abwegigen Konsequenzen führen. Faktisch falsch ist diese Annahme, weil es eine Reihe von phänomenalen Eigenschaften gibt, die zumindest in Ansätzen funktional analysierbar sind." S. 404

"Alle diese Überlegungen sprechen für die Zurückweisung des Erklärungslückenarguments. Doch sie lösen das Problem nicht. Insbesondere bieten sie keine Gewähr dafür, dass es irgendwann einmal möglich sein wird, hinreichend enge Verbindungen zwischen der subjektiven Perspektive der ersten Person und der objektiven Perspektive der dritten Person herzustellen." S. 406

Michael Pauen: Kein Rätsel des Bewusstseins: Grenzen und Bedingungen einer naturalistischen Erklärung des Geistes. In: Crone 2010.

Pauen: zufällige Wahl

"Wenn es nämlich ohne eine Veränderung der äußeren Umstände bei gleichbleibenden Überzeugungen gleichermaßen möglich ist, dass ich lüge wie auch dass ich die Wahrheit sage, dann hängt es offenbar nicht mehr von mir, also von meinen Präferenzen ab, welche der beiden Optionen tatsächlich zum Zuge kommt. Das aber wäre eine klare Verletzung des Urheberprinzips, die auch unsere Verantwortung für die ausgeführte Handlung beeinträchtigen würde. Letztlich hinge es nicht mehr von mir ab, ob ich lüge oder die Wahrheit sage, sondern von einem Zufall.

Orientiert man sich an dieser Interpretation, dann führt die Forderung nach alternativen Handlungsmöglichkeiten nicht zu einer stärkeren, sondern zu einer schwächeren Konzeption von Freiheit, einer Konzeption, die gegen eines der fundamentalen Prinzipien von Freiheit verstoßen würde. Will man daher an dem Prinzip der alternativen Möglichkeiten festhalten, dann muss man zu einer anderen Interpretation dieser Forderung gelangen.

Michael Pauen in Heinze 2006, S. 25f.

Peirce: Zufall als Freiheit

"Nun will ich annehmen, daß alle bekannten Gesetze sich dem Zufall verdanken und auf anderen beruhen, die weitaus weniger streng sind und sich ihrerseits wieder dem Zufall verdanken, usw. in einem unendlichen Regreß. Je weiter wir zurückgehen, desto unbestimmter wird die Natur der Gesetze. Hierin können wir die Möglichkeit einer unbegrenzten Annäherung an eine vollständige Erklärung der Natur sehen.

Zufall ist Unbestimmtheit, Freiheit. Aber das Wirken der Freiheit mündet in strengste Gesetzesherrschaft."

Peirce, Charles Sanders. Entwurf und Zufall. In: Charles S. Peirce. Naturordnung und Zeichenprozesse. Aachen 1988. S. 123. Zit. in Koch 1994, S. 130.

Zufall ist natürlich nicht Freiheit, das Wirken der Freiheit kann niemals in strengste Gesetzesherrschaft führen. Dies ist aber eine weit verbreitete Vorstellung.

Penrose: Quantenmechanik als Lösung des Mind-body Problems

"Das Gödel-Argument verrät uns für meine Begriffe, daß wir nicht einfach algorithmische Einheiten sind, daß Verstehen über das Berechnen hinausgeht. Es sagt nicht, daß es etwas Unphysikalisches ist, aber etwas Entscheidendes fehlt, und das hat mit Quantenmechanik zu tun. Ich argumentiere hier ein bißchen wie Sherlock Holmes - die Argumentation ist ziemlich schwach, das gebe ich zu - und sage, wenn man alles andere ausgeschlossen hat, muß das, was übrigbleibt, die Wahrheit sein, egal wie unwahrscheinlich sie ist. In der Quantenmechanik wird am offensichtlichsten, daß wir nicht genug über die Physik wissen. Wo sonst finden Sie in der Physik Nichtberechenbarkeit? Das scheint es nirgendwo sonst zu geben. Deshalb ist das vermutlich der Ort, wo wir suchen müssen."

Roger Penrose in Blackmore 2012, S. 253.

Pinker: Geist ist evolutionär

Die meisten Intellektuellen glauben, der Geist des Menschen müsse irgendwie außerhalb des Evolutionsprozesses stehen. Evolution, so meinen sie, kann nur dumpfe Instinkte und festgelegte Handlungsmuster ahervorbringen: einen Sexualtrieb, ein Aggressionsbedürfnis, ein Territorialverhalten, Hühner, die auf Eier sitzen, und Entchen, die einer Attrappe folgen. Das Verhalten des Menschen ist in ihren Augen zu verwickelt und wandelbar, als daß es ein Produkt der Evolution sein könnte - es muß angeblich irgendwo anders herkommen, zum Beispiel aus der "Kultur". S. 41

"Der Geist des Menschen ist ein Produkt der Evolution, und das heißt: Unsere geistigen Organe sind entweder auch bei Affen vorhanden (und vielleicht auch bei anderen Säuge- oder Wirbeltieren), oder sie sind durch eine Verfeinerung des Geistes von Affen entstanden, insbesondere jenes gemeinsamen Vorfahren von Menschen und Schimpansen, der vor etwa sechs Millionen Jahren in Afrika lebte." S. 57

Pinker 2012.

Pinker: Geist ist, was das Gehirn tut

"Der Geist ist ein System von Rechenorganen, das von der natürlichen Selektion so gestaltet wurde, daß es die Probleme unserer vorfahren und ihres Jäger-und-Sammler-Lebens lösen kann, insbesondere indem es Gegenstände, Pflanzen, Tiere und andere Menschen versteht und überlistet. Diese Zusammenfassung kann man in mehrere Behauptungen zerlegen. Der Geist ist das, was das Gehirn tut; insbesondere verarbeitet das Gehirn Informationen, und Denken ist eine Art Rechenleistung." S. 34

"Ich behaupte, Denken sei Rechnen, aber das heißt nicht, daß der Computer eine gute Metapher für den Geist wäre. ... Der Geist ist Ergebnis einer von der natürlichen Selektion gestalteten Anpassung, aber das heißt nicht, daß alles, was wir denken, fühlen und tun, biologisch adaptiv wäre." S. 37

Pinker 2012, S. 34.

Pinker: Unbewusstes

"Hinter der Verkleidung des Bewußtseins verborgen, muß eine unglaublich komplizierte Maschinerie liegen - optische Sensoren, Systeme zur Bewegungssteuerung, Simulationen der Umwelt, Datenbanken über Menschen und Dinge, Zeitplaner, Konfliktlöser und vieles andere."

Pinker 2012, S. 31.

Pinker: Willensfreiheit und Zufall

"Wir würden jemanden nicht für schuldig befinden, wenn sein Finger den Abzug betätigt hat, während der mechanisch mit einem Rouletterad verbunden war - warum sollten wir anders denken, wenn das Rouletterad sich im Kopf befindet?"

Pinker 2012, S. 75.

Planck: fehlendes Wissen

"Denn je genauere Einsicht wir in die kausale Bedingtheit unserer Willensmotive gewinnen, desto mehr schwindet das Gefühl der Verantwortung für die Folgen einer zu treffenden Willensentscheidung. Eine vollkommene Einsicht in die eigenen Willensmotive würde daher nach meiner Meinung die Freiheit des Willens geradezu aufheben. Wer alle seine Willensmotive nach Stärke und Richtung wirklich vollständig kennte, wäre der Mühe jeder weiteren Überlegung enthoben und würde die schließliche Entscheidung als notwendig empfinden."

Max Planck, zitiert in Nida-Rümelin 2005, S. 64.

Quine: there is no mental difference without a physical difference

"The answer is not that everything worth saying can be translated into the technical vocabulary of physics; not even that all good science can be translated into that vocabulary. The answer is rather this: nothing happens in the world, not the flutter of an eyelid, not the flicker of a thougt without some redistribution of microphyscial states." S. 98.

"there is no mental difference without a physical difference. [...] It is a way of saying that the fundamental objects are physical objects. " S. 163.

Willard Van Orman Quine. Theories and Things. Cambridge 1981. Zit. in Nitsch 2012, S. 28.

Riedel: Strafe und Verantwortung

"Wer die Tat der Person zurechnet, "erklärt" sie für schuldig und dementsprechend für straffähig. Die Strafe beruht auf dem Vergeltungsprinzip; sie ist nicht nur "an sich gerecht", sondern ein Recht es Schuldigen selbst, der darin seine "Freiheit" beweist. Im Unterschied dazu geht das neuere Strafrecht durchweg vom Prinzip der "Vorbeugung" und damit von einer streng deterministischen Interpretation des Zurechnungsbegriffs aus. Zwar ist auch hier unumstritten, daß die Praxis des Verantwortlich-Machens zur Einübung in soziales Verhalten unverzichtbar bleibt. Ihre Effektivität verdanke sich aber gerade der kausalen Determiniertheit des Handelns; zumindest "rechnet" jene Praxis mit einer solchen Determination (etwa durch Belohnung und Strafe), die ein "Motiv" dafür schaffen, sozial unerwünschte Handlungsweisen zu unterlassen, so daß sich als Umkehr des herkömmlichen Strafverständnisses ergibt: Drei ist, wer resozialisiert, d.h. mit Erfolg verantwortlich gemacht werden kann.

Die empirische Bestätigung für die Richtigkeit dieses Ansatzes, der sich in der Strafpraxis erst allmählich durchsetzt, bleibt noch abzuwarten. In konsequent-deterministischer Fassung führt er sich selbst ad absurdum. Wenn nämlich menschliches Verhalten ausschließlich über seine Folgen determiniert ist, läßt es sich nach dem System von Belohnung und Strafe von außen steuern. ... An die Stelle der IDee der Verantwortung tritt das Faktum der "Kontrollierbarkeit" als technisch realisierte Fremdbestimmung, vor der die Ideen von Freiheit und Menschenwürde zum illusionären Schein vormoderner Gesellschaftsformationen herabsinken."

Riedel 1988, S. 169.

Robinson: vollständige Physik

"Um gleich zur Hauptsache vorzustoßen, wollen wir von vornherein einräumen, daß dann, wenn alles, was den Bereich des Mentalen auszeichnet, wirklich kausal durch eine Menge von "Zuständen" im Gehirn hervorgebracht wird, die Physik vollständig ist (um eine bekannte Maxime zu zitieren), und dann können wir damit beginnen, die Philosophen umzuschulen und auf eine zweite Laufbahn vorzubereiten."

Daniel Robinson in Bennett 2010, S. 255.

Rosefeldt: Transzendentaler Idealismus

"In der Kritik der reinen Vernunft argumentiert Kant bekanntlich dafür, dass Raum und Zeit bloße Formen unserer sinnlichen Anschauung sind und raumzeitliche Eigenschaften folglich nicht den Dingen an sich, sondern nur ihren Erscheinungen zukommen. Dieser These gibt er den Titel „transzendentaler Idealismus“. Aus dem transzendentalen Idealismus folgt für Kant die Unerkennbarkeit der Dinge an sich, weil er annimmt, dass wir ohne Beteiligung unserer Sinne gar nichts erkennen können. Für den transzendentalen Idealismus führt Kant im wesentlichen zwei Argumente an. Das erste geht von der Annahme aus, dass wir von der raumzeitlichen Struktur der Welt a priori, d.h. unabhängig von der Erfahrung, Vorstellungen und Wissen haben, und versucht dann zu zeigen, dass dieser Sachverhalt nur dadurch erklärt werden kann, dass sich die Raum-Zeitlichkeit der von uns wahrgenommenen Welt nicht dieser Welt selbst, sondern der Struktur unseres Wahrnehmungsapparats verdankt. Das zweite Argument für den transzendentalen Idealismus soll zeigen, dass man nur mit Hilfe der These, dass die Dinge an sich nicht in Raum und Zeit existieren, bestimmte Probleme aus der philosophischen Tradition lösen kann, so z.B. das Problem der Vereinbarkeit von menschlicher Freiheit und kausaler Determiniertheit der Natur oder die sogenannten Antinomien des Weltanfangs oder der Teilung der Materie."

Roth: ist das Geist-Gehirn-Problem gelöst?

"Ist das Geist-Gehirn-Problem damit gelöst?

Es mehr sich aufgrund des rasanten Fortschritts in der empirischen Bewusstseinsforschung die Zahl derjenigen Philosophen, die davon überzeugt sind, dass Geistzustände wesensmäßig Hirnzustände sind. Allerdings gibt es unter ihnen unterschiedliche Ansichten darüber, ob man deshalb auch Bewusstsein mit naturwissenschaftlichen Begriffen vollständig erklären könne. Einige wie die Philosophen Patricia und Paul Churchland halten diese Frage zumindest im Prinzip für beantwortet und sehen die Möglichkeit, die ganze "alltagspsychologische" Redeweise von geistigen Zuständen demnächst durch eine exaktere neurobiologische ersetzen zu können. Andere wie Thomas Metzinger und Michael Pauen lehnen eine solche "reduktionistische" Lösung des Geist-Gehirn-Problems ab, halten eine neurobiologische Erklärung des Bewusstseins im Prinzip aber für möglich. Wieder andere wie David Chalmers und Joseph Levine versuchen hingegen nachzuweisen, dass dies niemals gelingen wird, weil es hier eine unüberschreitbare "Erklärungslücke" gibt. 

Kein Hirnforscher wird trotz der genannten Fortschritte das Geist-Gehirn-Problem ernsthaft als bereits gelöst ansehen."

»Roth 2003, S. 134f.

Roth: Verhältnis Bewusstsein - Gehirn

"Es zeigt sich, dass bestimmte Bewusstseinszustände und bestimmte Hirnvorgänge untrennbar miteinander verbunden sind, angefangen von einfachen Wahrnehmungsprozessen bis hin zu Zuständen des Dafürhaltens und Wissens. Ebenso lässt sich ... zeigen, dass allen Bewusstseinszuständen bestimmten unbewusste Prozesse zeitlich (200 Millisekunden oder länger) und in systematischer Weise vorhergehen." S. 332

"Warum aber sehen wir Geist überhaupt als physikalischen Zustand an und sind nicht einfach Dualisten, für die sich Geist grundlegend vom Materiell-Physikalischen unterscheidet? Der Grund hierfür ist, dass Geist - welcher physikalischen Natur er auch immer ist - eindeutig im Rahmen der Naturgesetze auftritt und unabdingbar an physikalische und im engeren Sinne an chemische und physiologische Gesetzmäßigkeiten gebunden ist. Dies ist mit einem Dualismus unvereinbar. Wie oben bereits beschrieben, geht geistige Aktivität im Gehirn mit einem hohen Sauerstoff- und Glukoseverbrauch und vielen anderen neuroelektrischen und neurochemischen Prozessen einher, und nach bisheriger Kenntnis sind die Beziehungen mehr oder weniger linear; d.h. je intensiver die geistigen Beziehungen, desto höher der Hinrstoffwechsel, der Transmitterausstoß, die Entladungsraten der Neurone usw. Hinzu kommt, dass es keine Eigenschaft geistiger Zustände gibt, die den Zuständen eklatant widersprechen. Dies wäre vor allem dann der Fall, wenn geistige Zustände überhaupt nicht an neuronale Prozesse gebunden wären." S. 339.

Gerhard Roth "Physik und Physiologie des Geistes" in Knaup 2011.

Schmidt-Salomon: Evolution von Bewusstsein

"Auf dieser höheren biologischen Spielebene evolvierten zunächst einfache Nervennetze zu komplexeren Nervensystemen, aus denen später (bei Arten, die einem entsprechenden Selektionsdruck ausgesetzt waren) immer leistungsfähigere Gehirne erwuchsen, die es den Organismen ermöglichten, sehr viel flexibler auf Umweltreize zu reagieren. Mit dieser immer ausgefeilteren neuronalen Struktur ging eine kontinuierliche Veränderung des tierlichen Bewusstseins einher - von der eher diffusen Wahrnehmung angenehmer und unangenehmer Reize hin zu fein ausdifferenzierten, komplexen Gefühlswelten, von schematischen instinktiven Verhaltensweisen hin zu flexiblen kognitiven Verarbeitungsmustern, die den Individuen die Entwicklung intelligenter Problemlösungsstrategien erlaubten."

Schmidt-Salomon 2014, S. 153.

Schröder: Möglichkeitsargument ist falsch

„Genauso könnte man nun argumentieren, dass die Verschiedenheit von Geist und Körper zwar logisch möglich ist, dass daraus aber nichts für die nomologische Möglichkeit folgt. In allen Situationen, die nomologisch möglich sind, die also unseren Naturgesetzen nicht widersprechen, könnte es trotzdem so sein, dass ich nur dann geistige Zustände habe, wenn ich in bestimmten körperlichen Zuständen bin. Wenn es aber auf die nomologische und nicht auf die logische Möglichkeit ankommt, weil uns Letztere nichts darüber sagt, was tatsächlich möglich ist, und wir von der logischen Möglichkeit nicht zur nomologischen Möglichkeit übergehen können, dann richtet diese logische Möglichkeit, dass der Geist ohne den Körper existieren kann, gar nichts für die Frage aus, ob er wirklich ohne Körper existieren kann. Das Möglichkeitsargument führt uns also nicht dorthin, wohin es uns führen will, nämlich zum Substanzdualismus.“

Schröder 2004, S. 50.

Searle: Argument gegen Zombie-Argument

"Ob ein Sachverhalt logisch möglich ist oder nicht, hängt davon ab, wie man ihn beschreibt. Ist es logisch möglich, daß es im Universum physische Partikel ohne jedes Bewußtsein gibt? Die Antwortet lautet: Ja. Aber wenn die Bewegungen der physischen Partikel genauso ablaufen, wie sie es tatsächlich tun, und die Naturgesetze gelten, die, neben vielem anderen, diese Bewegungen so determinieren, daß sie Bewußtsein verursachen und realisieren, ist es dann möglich, daß kein Bewußtsein vorhanden ist? In diesem Fall lautet die Antwort nein."

Searle 2006, S. 140f.

Spät: Panpsychismus gilt für alles

Wenn es in der Wirklichkeit tatsächlich geistige Eigenschaften gibt, dann müssen sie überall (‚pan’) anzutreffen sein. Andernfalls müsste dieser Pol zu einem späteren Zeitpunkt aufgetreten und damit emergent sein. Man kann die Probleme der Emergenztheorie also nur dadurch vermeiden, indem man der fundamentalsten Ebene der Wirklichkeit geistige Eigenschaften zuspricht. Beschränkt man die Dimension des Geistigen beispielsweise auf Lebewesen, so findet zwischen den lebendigen und den nicht-lebendigen Dingen ein qualitativer Sprung des Geistigen statt, der nicht erklärbar ist: Denn zum einen müssen die geistigen Eigenschaften von ‚irgendwo’ herkommen. Zum anderen bestehen geistbegabte Lebewesen aus genau den gleichen Elementarteilchen wie vermeintlich geistlose und nicht- lebendige Dinge.

Spät 2010, S. 116. Dissertation abgerufen am 2.2.2014.

Searle: Bewusstsein und Quantenmechanik

"Es kann sein, daß wir quantenmechanische Erklärungsmodelle brauchen werden, aber ich habe da meine Zweifel, weil die meisten der mir bekannten quantenmechanischen Ansätze zur Erklärung des Bewußtseins offensichtlich zu nichts führen: Sie machen lediglich aus einem Rätsel zwei. Das Bewußtsein ist ein Rätsel; wie sollen wir es lösen? Ah, sieh mal, hier ist noch ein Rätsel: die Quantenmechanik. So, jetzt haben wir also zwei, aber eine Lösung ist für meine Begriffe für keines von beiden in Sicht."

John R. Searle in Blackmore 2012, S. 281.

Ulmschneider: Definition von Willensfreiheit

"Freier Wille ist die Fähigkeit des Gehirns, aus inneren Beweggründen heraus, also nicht aufgrund von reaktiven Reflexen (Fluchtreflex) oder äußerem Zwang, Handlungen vorzunehmen und unabhängige Entscheidungen zu treffen."

Ulmschneider 2014, S. 190.

Searle: Dualismus

"Es ist nicht einfach, die Vorstellung, der Geist sei eine eigene Substanz, mit dem, was wir sonst über die Welt wissen, in Einklang zu bringen. Hier sind drei Versuche, genau das zu tun. Jeder beruht auf einer anderen Auffassung davon, was der Geist ist.

1. Göttliches Eingreifen: Die Physik ist unvollständig. Unsere Seelen sind etwas, das zum Rest der Welt hinzukommt. Sie werden durch göttliches Eingreifen erschaffen und sind nicht Teil der physischen Welt, wie sie von der Wissenschaft beschrieben wird.

2. Quantenmechanik: Das traditionelle Körper-Geist-Problem entsteht nur durch ein überholtes Newtonsches Verständnis des Physischen. Einer möglichen Interpretation der Quantenmessungen zufolge ist Bewußtsein erforderlich, um den Kollaps der Wellenfunktion zu vervollständigen und so Quantenpartikel und Quantenereignisse zu erzeugen. Demnach wird eine bestimmte Art von Bewußtsein nicht vom Rest der Natur erzeugt, sondern ist umgekehrt vielmehr selbst wesentlich für die Erschaffung der Natur. Dieses Bewußtsein ist ein ursprünglicher Teil der Natur, der nötig ist, um Gehirnprozesse und alles andere zu erklären.

3. Idealismus: Das Universum ist vollständig geistig. Was wir für die physische Welt halten, ist nur eine der Formen, die die zugrundeliegende geistige Realität annimmt.

Ich erwähne diese Positionen der Vollständigkeit halber. Ich stimme mit keiner von ihnen überein, und die zweite verstehe ich glaube ich nicht."

Searle 2006, S. 51f.

verurteilter Hahn

"1471 wurde in Basel ein Hahn angeklagt, weil er angeblich den Naturgesetzen zum Trotz ein Ei gelegt hatte. Gemäß dem Gerichtsurteil wurde er als verkleideter Teufel auf dem Scheiterhaufen verbrannt."

Aus: Nutella hat Lichtfaktor 9,7. S. 82.

Searle: Dualismus wird nicht verschwinden

"Viele, wenn nicht sogar die meisten Philosophen haben dem Dualismus abgeschworen, ...

Ich vermute, der Dualismus wird nicht verschwinden, auch wenn er unmodern geworden ist. In den letzten Jahren hat der Dualismus, zumindest der Eigenschaftsdualismus, sogar eine gewisse Renaissance erlebt, was teilweise an einem Wiederaufleben des Interesses am Bewußtsein liegt. Die Einsicht, die den Dualismus treibt, ist kraftvoll. Sehr vereinfacht lautet sie: Wir haben alle echte bewußte Erlebnisse und wissen, daß sie nicht von der gleichen Art sind wie die physischen Gegenstände um uns herum."

Searle 2006, S. 54.

Vollmer: Realismus

"Realisten gehen davon aus, daß es eine reale Welt da draußen gibt; daß sie großenteils außerhalb des Beobachters liegt, ihn jedoch einschließt; daß diese Welt strukturiert ist; daß einige ihrer Strukturen in Wechselwirkungen zwischen ihren Untersystemen bestehen; und daß unsere Theorien versuchen, diese Welt zu beschreiben, ihre Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft aus den Ergebnissen solcher Wechselwirkungen zu rekonstruieren." S. 162.

"Was Realisten also gegen Idealismus, Konventionalismus oder Instrumentalismus vorbringen sollten, das ist - entgegen Putnam -, daß sie zwar nicht den Erfolg, wohl aber das Scheitern wissenschaftlicher Theorien als Wunder erscheinen lassen. Obwohl also der Realismus in der Lage ist, sowohl die Erfolge als auch das Scheitern wissenschaftlicher Theorien zu erklären, zeichnet er sich doch dadurch besonders aus, daß er die einzige Erklärung für ihr Scheitern liefert." S. 172.

"Alle gewöhnlichen Leute sind - entweder naive oder geläuterte - Realisten. Wir beginnen als naive Realisten, im Denken, im Reden, im Handeln und Reagieren. Es ist ein Scherz, wenn jemand, der an einer Schafherde vorbeigekommen ist und gefragt wird, ob die Tiere schon geschoren waren, antwortet: "Na ja, jene Schafe, an die ich mich erinnere, waren jedenfalls zu jenem Zeitpunkt auf der Seite, die sie mir zuwandten, nicht geschoren." Das ist ein Scherz, weil wir normalerweise so nicht reden. Das beweist nicht, daß der naive Realismus korrekt ist; es zeigt nur, daß er für das Überleben und für Alltagsbedürfnisse ausreicht." S. 179.

Vollmer 1993, div. Seiten.

Searle: Naturalismus

"Unserem Weltbild liegt die Idee zugrunde, daß Menschen und andere höhere Tiere Teil der biologischen Ordnung sind wie jeder andere Organismus auch. Der Mensch ist Teil der Natur. Doch wenn dem so ist, dann sind die besonderen biologischen Charakteristika dieses Lebewesens - wie z.B. sein reiches Bewußtseinssystem, seine größere Intelligenz, seine Sprachfähigkeit, seine Fähigkeit zu außerordentlich feiner Wahrnehmungsdifferenzierung, seine Befähigung zu rationalem Denken, usw. - biologische Phänomene wie alle anderen biologischen Phänomene auch. Außerdem gehören all diese Merkmale zum Phänotyp. Sie sind das Ergebnis der biologischen Evolution genau wie jedes andere Merkmal des Phänotyps. Bewußtsein ist, kurz gesagt, ein biologisches Merkmal des Menschenhirns und des Hirns gewisser anderer Lebewesen. Es wird durch neurobiologische Vorgänge verursacht und ist ein Bestandteil der natürlichen biologischen Ordnung wie jedes andere biologische Merkmal (Photosynthese, Verdauung, Mitose)."

Searle 1996, S. 109.

Voltaire: Willensfreiheit sinnlose Wortverbindung

"Der Wille ist [...] nicht ein Vermögen, das man frei nennen könnte. Freier Wille ist eine völlig sinnlose Wortverbindung, und der sogenannte indifferente Wille der Scholastiker, d.h. ein Wollen ohne Ursache, ist ein Hirngespinst, dessen Widerlegung nicht lohnt."

Voltaire, zit. in Franz M. Wuketits: Illusion freier Wille in Smalla 2011, S. 61.

Searle: Postmoderne

"In meiner intellektuellen Kindheit begegnete man genetischen Fehlschlüssen am häufigsten im Freudianismus und im Marxismus. Du zweifelst an der Wahrheit des Marxismus? Das zeigt nur, wie du von deinem bürgerlichen Klassenhintergrund irregeleitet bist. Heutzutage hört man nicht so oft genetische Fehlschlüsse, außer von postmodernen Denkern. Ich habe mich lange gewundert, warum dieser Fehlschluß im postmodernen Denken so weit verbreitet ist, bis ich eine Darstellung gelesen habe, die erklärt, warum den Postmodernen eigentlich keine andere Form der Argumentation zur Verfügung steht."

Searle 2006, S. 280f.

von Kutschera: Bewusstsein nicht im Gehirn

"Denken wir uns das Gehirn eines Menschen proportional so vergrößert, dass wir darin spazieren gehen könnten, so würden wir Nervenzellen und ihre Verbindungen finden, wir könnten physiologische Veränderungen feststellen, Erregungsmuster und ihre Entstehung und Verbreitung beobachten. Wir würden aber kein Bewusstsein finden, keine Empfindungen, keine Wahrnehmungen oder Denkvorgänge. Auch bei einem Spaziergang im Gehirn eines Menschen ließe sich das mentale Leben dieser Person nicht beobachten."

Franz von Kutschera in Knaup 2011, S. 236.

Searle: Sinnesdaten

"Obwohl Descartes keinesfalls der erste Philosoph war, der diese Auffassung vertrat, so ist der Schritt von der Auffassung, daß wir tatsächlich wirkliche Gegenstände wahrnehmen, zu der Auffassung, daß wir nur unsere Vorstellungen von Gegenständen wahrnehmen, ein Schritt von entscheidender Bedeutung in der Geschichte der Philosophie. Ich würde so weit gehen, zu behaupten, daß dieser Schritt die größte singuläre Katastrophe in der Geschichte der Philosophie der vergangenen vier Jahrhunderte darstellt. Im heutigen Jargon lautet diese Idee: Wir nehmen keine materiellen Gegenstände wahr, sondern nur "Sinnesdaten".

Searle 2006, S. 30.

von Kutschera: Konsequenzen des Materialismus

"In meinen Arbeiten zum Leib-Seele-Problem habe ich mehrere Argumente angegeben, die den Materialismus widerlegen. Die Materialisten scheinen jedoch resistent gegenüber Argumenten zu sein." S. 234

"Der Materialismus ist keine Konzeption von bloß akademischem Interesse, er hat vielmehr gravierende praktische Konsequenzen. Er entzieht dem menschlichen Selbstverständnis, auf dem die europäische Kultur aufbaute, die Grundlage. Für ihn geschieht alles durch Zufall oder Notwendigkeit - "Notwendigkeit" steht für deterministische Naturgesetze. Auch der Mensch ist ein zufälliges Produkt kosmischer Entwicklungen wie der Evolution. Es gibt keine Freiheit, denn freie Handlungen sind weder zufällig noch determiniert. Handlungsgründe, speziell Vernunftgründe, bleiben daher ohne Wirkung auf unser Verhalten, so dass die Vorstellung vom Menschen als Vernunftwesen obsolet wird. Es gibt keine besondere Menschenwürde, denn die gründet sich nach Kant auf unsere Freiheit und unseren moralischen Sinn. Diesen Sinn gibt es für den Materialismus schon deswegen nicht, weil es die objektive Realität nicht gibt, auf die er sich beziehen soll: Es gibt keine objektiven Werte und Normen, denn die kommen in der Physik nicht vor; es gibt nur subjektive Präferenzen und Konventionen.

Heute ist der Materialismus so etwas wie die offizielle Doktrin. Wegen seiner Konsequenzen für unser Selbstverständnis ist die Auseinandersetzung mit ihm auch gegenwärtig eine der wichtigsten Aufgaben der Philosophie." S. 236

Franz von Kutschera in Knaup 2011, S. 235f.

Kommentar: Franz von Kutschera hat offensichtlich wenig Ahnung, wovon er spricht, manche seiner Befürchtungen sind falsch, manche mögen stimmen, auf jeden Fall gibt es gute Gründe, warum der Materialismus heute vor allem in den Wissenschaften sehr weit verbreitet ist: er folgt aus empirischen und logischen Notwendigkeiten und basiert nicht auf Wünschen und Hoffnungen.

Auch ohne Willensfreiheit spielen Vernunftgründe eine wesentliche Rolle, gerade der Materialismus muss von einer objektiven, materiellen Realität ausgehen, objektive Werte und Normen gibt es in der Tat nicht - aber eben aus grundsätzlichen Erwägungen.

Searle: Unbewusstes

"Der Begriff des Unbewußten ist einer der verworrensten und am schlechtesten durchdachten Begriffe des modernen intellektuellen Lebens. Dennoch scheinen wir ohne ihn nicht weiterzukommen."

Searle 2006, S. 267.

von Kutschera: Materialismus, Evolution und Leibniz-Gesetz

"Überlegen wir uns das genauer. Für den Materialismus scheint das Evolutionsargument zu sprechen: Am Beginn des Universums, beim Urknall, und noch etwa 13 Milliarden Jahre danach gab es, soweit wir wissen, kein Bewusstsein. alles, was in der Welt entstanden ist, ist aber aus dem entstanden, was schon da war. Also muss alles, was es in unserer Welt gibt, physischer Natur sein. Auch der Geist fiel nicht vom Himmel. Geistige Leistungen sind Leistungen des Gehirns, und das Gehirn ist ein Produkt der biologischen Evolution, ein physisches System, dessen Leistungen sich auch physikalisch verstehen lassen müssen. Mentale Phänomene müssen sich also physikalisch erklären lassen.

Eine physikalische Erklärung ist eine Erklärung mit physikalischen Prämissen, zu denen auch physikalische Gesetze gehören. Eine Erklärung ist nur dann korrekt, wenn die Konklusion aus den Prämissen logisch folgt. Nun folgen aber nach dem Leibniz-Gesetz aus physikalischen Prämissen keine Aussagen über Mentales. Es gibt also keine physikalische Erklärung von Mentalem und der Materialismus ist falsch."

von Kutschera in Knaup 2011, S. 241f.

Kommentar: während der erste Teil sehr klar die Position des Materialismus wiedergibt, basiert der zweite Teil allein auf der Gültigkeit des Leibniz-Gesetzes - was, wenn dieses falsch ist?

Searle: Willensfreiheit und Quantenmechanik

"Es gibt eine Reihe von Theorien, die Bewußtsein und sogar Willensfreiheit in quantenmechanischen Begriffen zu erklären scheinen. Ich habe nie eine gesehen, die auch nur entfernt überzeugend war. ..."

Searle 2004, S. 20.

Walter: Lösungsansatz für Qualiaproblem

"Die vorgeblich schwierigste Frage schließlich, nämlich die, ob sich bewusstes Erleben durch neuronale Prozesse vollständig erklären lässt, mag eine relativ triviale Lösung haben: Es ist tatsächlich ein wesentlicher Unterschied, ob ich Erleben aus einer dritten Personen-Perspektive erkläre, oder ob ich Prozesse aus der Perspektive des repräsentierenden Systems selbst heraus erlebe. Da es diesen unbezweifelbaren Unterschied gibt, hat man intuitiv das Gefühl, dass jeder noch so genauen Erklärung des Funktionierens eines Systems etwas fehlt. Daraus folgt allerdings keineswegs, dass es darum etwas Außernatürliches, etwa eine Seelensubstanz, geben muss, welche die eigentliche Ursache für diese oft tief empfundene Diskrepanz ist. Eine weitere Erklärung für die Überzeugung, dass jeder wissenschaftlichen Erklärung des Mentalen etwas fehlt, könnte auch darin liegen, dass der introspektive Zugang zu unserem Inneren weniger direkt und vor allem weniger zutreffend ist, als wir gemeinhin annehmen. Viele unserer mentalen Prozesse sind uns nämlich in ihrem Funktionieren gar nicht zugänglich. Sie funktionieren automatisch (Bargh 1999) und wir durchschauen sie nicht, sie sind, für uns selbst, opak - undurchsichtig. Tatsächlich könnte es sein, dass diese Undurchsichtigkeit eine Voraussetzung für die Art von phänomenalem Selbstbewusstsein ist, über die wir als Menschen verfügen. Die Aufgabe einer Theorie des Bewusstseins ist es nicht nur, phänomenale Eigenschaften bewusster Prozesse zu erklären, sondern auch zu erklären, wie es zu Fehlfunktionen des Bewusstseins kommen kann und wie es überhaupt sein kann, dass wir uns über uns selbst täuschen können (vgl. dazu Metzinger 2004)."

Henrik Walter in Engels 2005, S. 32.

Singer: Erklärung des Homunculus-Problems

"Unserer Intuition folgend neigen wir zu der Annahme, daß es im Gehirn ein Zentrum geben müsse, in dem die Signale der verschiedenen Sinnesorgane konvergieren, mit gespeicherten Inhalten verglichen und nach erfolgter Deutung in Handlungsentwürfe umgesetzt werden. Descartes hat dieses so überaus plausible Postulat graphisch formuliert (Abb.1). Signale von verschiedenen Sinnesorganen sollten nach entsprechender Vorverarbeitung an einem einzigen Ort zusammengeführt und einer ganzheitlichen Interpretation unterworfen werden. Naturgemäß wäre dieses Konvergenzzentrum auch der Ort, wo Entscheidungen gefällt werden und wo das Bewußtsein residiert. Die implizite Annahme ist, daß an diesem Ort ein, vermutlich immaterieller, mit mentalen Eigenschaften ausgestatteter Beobachter die einlaufenden Informationen sammelt und adäquat interpretiert. Auch wenn der philosophische Schulenstreit darüber nach wie vor recht lebhaft ist, welcher ontologischen Kategorie dieser Beobachter zuzuschlagen sei und ob er überhaupt postuliert werden muß, kamen bis vor kurzem kaum Zweifel auf ob der Notwendigkeit eines Konvergenzzentrums. Erst die Ergebnisse neurobiologischer Nachforschungen haben uns gezwungen an der Richtigkeit unserer Intuition zu zweifeln. Die plausible Annahme eines Konvergenzzentrums, eines Cartesianischen Theaters mit einem singulären Zuschauer, ist in dramatischer Weise falsch."

Singer 2002, S. 144.

Wegner: Erklärung von Willensfreiheit

"Wegners eindeutige und scharfsinnige Lösung dieses Rätsels beruht auf der Annahme, dass das Gefühl, das Sie von sich selbst als Subjekt der Entscheidung haben, eine großartige Illusion ist, die von Ihrem Gehirn erzeugt wird. Wegner zufolge trifft Ihr Gehirn jede Entscheidung in Ihrem Leben einschließlich dessen, ob Sie z.B. aufstehen und etwas sagen oder mit den Armen fuchteln sollten. Einen Sekundenbruchteil nach jeder Entscheidung tut Ihr Gehirn jedoch zweierlei. Erstens schickt es ein Signal an einen anderen Teil des Gehirns, der das bewusste Erlebnis generiert, dass Sie die Entscheidung getroffen haben, und zweitens verzögert es das Signal, das an Ihre Beine, Ihren Mund oder Ihre Arme geht. Infolgedessen erleben "Sie" das "Ich habe gerade diese Entscheidung getroffen"-Signal, sehen, dass Ihr Handeln mit diesem Signal übereinstimmt, und schließen fälschlicherweise, dass "Sie" am Steuer sind. Kurz, Sie sind das Gespenst in der Maschine."

Wiseman 2012, S. 191.